Sieben Monate nach der größten Naturkatastrophe der Landesgeschichte hat das von Innenminister Herbert Reul eingesetzte Kompetenzteam Katastrophenschutz seinen Abschlussbericht vorgelegt. Auf knapp 30 Seiten finden sich detaillierte Empfehlungen, wie sich der nordrhein-westfälische Katastrophenschutz neu aufstellen könnte. Reul hatte das Kompetenzteam im September 2021 eingesetzt. Ziel war – ausgehend von den Erfahrungen aus der Flutkatastrophe, aber nicht darauf beschränkt – Probleme im Katastrophenschutz zu benennen und Verbesserungsvorschläge zu machen.
Innenminister Reul: „Es wäre unmenschlich, würden wir nicht aus der Vergangenheit lernen. Egal, was morgen über uns hereinbricht – wir wollen vorbereitet sein; für diese Zukunftsaufgabe hat das Kompetenzteam eine enorme Vorarbeit geleistet. Der Abschlussbericht ist quasi ein 15-Punkte-Plan für kommende Katastrophen.“
Unter anderem sieht der 15-Punkte-Plan Folgendes vor:
- Digitalisierungsoffensive Katastrophenschutz:
Landesweit einheitliche Vernetzung und Digitalisierung aller lagerelevanten Daten mit dem Ziel, ein „Landeslagebild Brand- und Katastrophenschutz“ inklusive Risikoprognose einzuführen.
- Mehr Koordinierung durch das Land:
Gründung einer Crisis Response Unit und eines nicht-polizeilichen, operativ-taktischen Führungsstabs auf Landesebene. Reul: „Gewissermaßen ein landeseigenes Krisenreaktionszentrum.“ Diese Struktur könnte stärkere Steuerungsaufgaben übernehmen; auch könnte aus ihr im Katastrophenfall der Krisenstab der Landesregierung samt der zentralen Einrichtung zum Lagemanagement aufwachsen.
- Bessere Risikoabschätzung durch verbindliche Planung:
Einführung einer Katastrophenschutzbedarfsplanung mit verbindlichen Risikoanalysen, Szenarien und Warnkonzepten auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte.
- Informationen auf Knopfdruck:
Schaffung direkter und unmissverständlicher Eingriffsmöglichkeiten in den Hörfunk durch Änderung des WDR-Gesetzes und des Landesmediengesetzes.
- Verbesserung der administrativen Führungsfähigkeit:
Die Verwaltung soll auf Katastrophen vorbereitet werden. Dazu zählen die Einrichtung von Stäben für außergewöhnliche Ereignisse, Rahmenalarm- und Einsatzpläne sowie die regelmäßige Durchführung von Krisenmanagementübungen.
Innenminister Herbert Reul: „Nicht alles ist sofort und eins zu eins umsetzbar, aber wir werden jeden einzelnen Vorschlag prüfen. Für einige Punkte braucht es Gesetzesänderungen, andere können schnell in die Realität umgesetzt werden und so manches machen wir auch schon.“ Und weiter: „Vor allem das geballte Wissen unterschiedlicher Disziplinen überzeugt mich. Der Bericht des Kompetenzteams ist ein breiter Konsens aller Beteiligten und das ist für die Umsetzung eine wichtige Voraussetzung.“
Insgesamt 13 Experten aus verschiedenen Organisationen und Verbänden gehörten dem Kompetenzteam an. Vor allem drei Probleme galt es zu lösen: Katastrophen verlässlicher vorherzusagen, Warnungen zu verbessern, ebenso wie die Kräfteverteilung zu optimieren. Die Arbeit des Kompetenzteams beschränkte sich dabei nicht nur auf die Analyse der Unwetterkatastrophe vom 14. und 15. Juli 2021. Neben Hochwasserlagen und Starkregenereignissen berücksichtigten die Experten auch andere Extremereignisse wie Waldbrände, Stürme, Dürren, Ausfälle kritischer Infrastrukturen und auch „neue“ Bedrohungen wie etwa Cyberangriffe.
Innenminister Reul: „Das Kompetenzteam hat Verbesserungspunkte identifiziert, von denen wir uns sicher einige ins Lastenheft schreiben. Aber es geht nicht allein. Sich vor Katastrophen zu schützen, ist Aufgabe jedes Bürgers, jeder Bürgerin. Nur wer sich selbst zu helfen weiß, kann auch anderen helfen. Eine Vollkasko-Mentalität wird uns nicht weiterbringen.“
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