SICHERHEIT
FÜR NORDRHEIN-WESTFALEN

Kalifatsstaat (Hilafet Devleti)

Sitz/Verbreitung

Vereinsstrukturen seit Dezember 2001 verboten, früherer Hauptsitz in Köln

Gründung/Bestehen

1984

Veröffentlichungen

Mehrere Web-Angebote

Kurzportrait/Ziele

Im Jahr 1984 gründete in Köln der türkische Prediger Cemaleddin Kaplan (1926 bis 1995) nach Loslösung von der Milli-Görüs-Bewegung den Verband der islamischen Vereine und Gemeinden e.V. (İslami cemiyet ve cemaatleri birliği / ICCB), auch als Kaplan-Verband bezeichnet. Nachdem viele Gemeinden im Laufe der Zeit den ICCB wieder verlassen hatten, proklamierte er im März 1994 den so bezeichneten Kalifatsstaat und ließ sich als Kalifen huldi-gen. Sein sogenannter Kalifatsstaat war eine am Führerprinzip orientierte und streng hierarchisch gegliederte Organisation. Ziel Kaplans und seines Verbandes war die Erringung der Herrschaft in der Türkei und in letzter Kon-sequenz die Weltherrschaft für sein Kalifat.

Nach dem Tode Cemaleddin Kaplans folgte ihm sein Sohn Metin Kaplan als Kalif nach. Intern kam es jedoch zu Nachfolgestreitigkeiten, in deren Verlauf Metin Kaplans Widersacher 1997 ermordet wurde. Im Jahr 2000 wurde Metin Kaplan wegen Anstiftung zum Mord zu einer vierjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und nach Verbüßung der Haftstrafe im Oktober 2004 in die Türkei abgeschoben. Dort wurde er wegen Gründung und Leitung einer terroristischen Vereinigung verurteilt und inhaftiert. Aus gesundheitlichen Gründen kam er Ende 2016 vorzeitig aus der Haft frei.

Die Anhänger des Kalifatsstaats in Deutschland konnten sich unterdessen nicht auf eine Führung einigen, so dass sich mehrere Fraktionen bildeten. Diese entwickelten unterschiedlichen Vorstellungen über ihre Ausrichtung und die Person des Kalifen. Seitdem bildet der Kalifatsstaat keine zusammenhängende Struktur mehr, sondern besteht nur noch aus mehreren bundesweit verteilten Moscheegemeinden. Diese sind in unterschiedlichem Grad miteinander vernetzt, gehören aber jeweils verschiedenen Fraktionen an. Einigender Faktor ist einzig das ideologische Vermächtnis des Cemaleddin Kaplan, auf das sich sämtliche Flügel des Kalifatsstaats berufen.

Durch diese Zersplitterung hat der Kalifatsstaat stark an Reputation verloren, so dass sich insbesondere viele jüngere Anhänger dem Salafismus zuwandten. Der Salafismus ist für diese besonders attraktiv, da dessen Inhalte ansatzweise bereits in den Lehren Cemaleddin Kaplans zu finden sind.

Finanzierung

Spenden

Grund der Beobachtung/Verfassungsfeindlichkeit

Die islamistische Ideologie des Kalifatsstaats zeichnet sich durch eine rigorose Ablehnung der Demokratie und des Säkularismus aus. Darüber hinaus zeigte der Kalifatsstaat eine ausgeprägte Judenfeindlichkeit und eine große Affinität zum bewaffneten Jihad. Die Ziele des Kalifatsstaats richten sich demnach gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, gegen den Gedanken der Völkerverständigung und gegen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland. Diese Bestrebung unterliegt deshalb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, 3 und 4 VSG NRW der nachrichtendienstlichen Beobachtung.