Sitz/Verbreitung
Bundesweite Strukturen; Hauptsitz der DMG bis Mitte 2019 in Köln, danach in Berlin
Gründung/Bestehen
1928 in Ägypten, in Deutschland seit den 1960er Jahren aktiv
Veröffentlichungen
Verschiedene Internetseiten und Auftritte in sozialen Netzwerken (auch deutschsprachig).
Kurzportrait/Ziele
Die im Jahr 1928 von Hassan al-Banna in Ägypten gegründete Muslimbruderschaft (MB) ist die älteste und einflussreichste islamistische Bewegung. Als pan-islamisch ausgerichtete Organisation ist sie nicht nur in allen arabischen Staaten, sondern in nahezu allen muslimisch geprägten Ländern vertreten. Nach eigenen Angaben sind dies insgesamt 70 Länder weltweit.
Die Ideologie der Muslimbruderschaft ist die Basis aller späteren islamistischen Bestrebungen. Das taktische und strategische Vorgehen der verschiedenen regionalen Zweige der MB unterscheidet sich vor allem im Hinblick auf die Frage, ob Gewalt zur Erreichung des politischen Ziels angewandt werden soll. Bis heute nimmt die ägyptische MB gegenüber allen anderen regionalen Zweigen eine führende Rolle ein.
Nach der Abspaltung militanter Gruppierungen verzichtet die (ägyptische) MB seit Ende der 1970er-Jahre grundsätzlich auf die Anwendung von Gewalt zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele. Dieser Gewaltverzicht gilt jedoch nicht für die von ihr propagierte Befreiung Palästinas und somit im Kampf gegen Israel. Dieser wird insbesondere von der HAMAS, dem palästinensischen Zweig der MB, geführt.
In Nordrhein-Westfalen ist das Ziel der hiesigen Vertreter der Muslimbruderschaft zunächst, die Bestrebungen der Organisation in den islamisch geprägten Ländern zu unterstützen. Um dieses Ziel zu erreichen, geht die MB entsprechend moderat vor.
Erkenntnisse über das organisierte Zusammenwirken öffentlicher und nicht öffentlicher MB-naher Strukturen zeigen zudem, dass die Muslimbruderschaft in Nordrhein-Westfalen vor allem durch die DMG repräsentiert wird.
Finanzierung
Spenden
Grund der Beobachtung/Verfassungsfeindlichkeit
Die Muslimbruderschaft ist der Ursprung des modernen politischen Islam, einer extremistischen Ideologie, die auch als Islamismus bezeichnet wird. Kernaussage und -forderung des Islamismus ist, dass die politische Herrschaft nur Gott zustehe und der Mensch diese nur als sein Stellvertreter oder Sachwalter auszuüben habe. Dabei müsse der Mensch sich an die von Gott herabgesandten Offenbarungen und die darin gegebenen Bestimmungen halten. Diese finde man im Koran und der Sunna, dem Brauch des Propheten Muhammad.
Die Muslimbruderschaft verfolgt das Ziel, in islamisch geprägten Staaten ein Regierungssystem auf der Grundlage der Scharia einzuführen. Eine säkulare demokratische Verfassungsordnung wird allenfalls als Möglichkeit angenommen, den Übergang zu einer islamischen Ordnung gewaltlos zu gestalten. Dazu wird eine Strategie der „Islamisierung von unten“ verfolgt, die zunächst das Individuum anspricht und auf einen Bewusstseinswandel hin zu einem durch die Religion geprägten Leben abzielt. Die derart geschulten Einzelpersonen sollen dann in die Gesellschaft hineinwirken und
dafür Sorge tragen, dass sich diese auf lange Sicht dem Gedankengut der Muslimbruderschaft annähert oder zumindest gewisse Freiräume für die Ideologie der Bewegung entstehen.
Nach Auffassung der Muslimbruderschaft sind die staatliche Ordnung und die Rechtsprechung gemäß der islamischen Rechts- und Lebensordnung, der Scharia, aufzubauen. Diese gründet sich auf Koran und Sunna. In dieser Ordnung kann das Volk zwar am politischen Meinungsbildungsprozess teilhaben, was demokratische Elemente innerhalb der islamischen Ordnung möglich machen würde, aber der Rahmen des politisch Möglichen wäre zwingend durch die Offenbarung Gottes und der daraus entwickelten Scharia gesetzt. In dieser von der Muslimbruderschaft so bezeichneten „islamischen Ordnung“ wäre also Gott der Souverän, nicht das Volk. Dies widerspricht im Grundsatz dem Gedanken der Volkssouveränität und der freiheitlichen demokratischen
Grundordnung.
Hiesige Vertreter der Muslimbruderschaft äußern sich in der Regel nicht eindeutig extremistisch. Stattdessen stellen sich die MB-nahen Vereine als religiöse islamische Organisationen dar, die für das Recht der Muslime auf Teilhabe in der Gesellschaft eintreten. Dabei vertritt die Muslimbruderschaft nach eigenem Verständnis einen „Islam der Mitte“. Dieser grenzt sich einerseits vom religiösen Fundamentalismus und andererseits von einem liberalen, westlichen Islam ab. In ideologischer Hinsicht steht er zwischen einem militanten salafistischen Jihadismus und einem säkularen Islamverständnis. Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass sich auch dieser „Mittelweg“ eindeutig am klassischen Konzept von Scharia orientiert, damit Widersprüche zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung aufweist und somit selbst als extremistisch zu bewerten ist. Die Muslimbruderschaft fühlt sich nach wie vor einem ganzheitlichen Religionsverständnis verpflichtet. Demzufolge sollte der Glaube alle Lebensbereiche regeln, wozu auch die politische und gesellschaftliche Ordnung zählen.
Deshalb unterliegt sie nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 VSG NRW als extremistische Bestrebung der nachrichtendienstlichen Beobachtung.
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