SICHERHEIT
FÜR NORDRHEIN-WESTFALEN

Tiefststand bei Verkehrstoten, mehr festgestellte Drogenverstöße, 170.000 Euro für Präventions-Simulatoren

14.03.2022

Noch nie starben weniger Menschen auf Nordrhein-Westfalens Straßen als im vergangenen Jahr – und das obwohl es 2021 wieder mehr Unfälle und mehr Verkehr gab als im Vorjahr. Auch die Zahl der Schwerverletzten erreichte den niedrigsten Stand seit 1953. „Gemessen an diesen Zahlen ist das die beste Verkehrsunfallstatistik, die wir je hatten“, sagte Innenminister Herbert Reul am Montag. Insgesamt ereigneten sich 580.907 Unfälle, ein Plus von 4,3 Prozent im Vergleich zu 2020. 425 Menschen starben (-1,2 Prozent), 11.872 wurden schwerverletzt (-2,2 Prozent), 55.033 leichtverletzt (+0,8 Prozent).

„Bei Fahrten unter Drogeneinfluss sehen wir allerdings eine Entwicklung gegen den positiven Trend“, so Reul. „Noch nie starben mehr Menschen, weil sich jemand im Drogenrausch hinters Steuer gesetzt hat.“ Elf Menschen haben 2021 deshalb ihr Leben verloren – fünf mehr als 2020. Auch hat die Polizei im vergangenen Jahr mehr Autofahrer aus dem Verkehr gezogen, die unter Drogen standen. Insgesamt 20.210 Autofahrer – ein Plus von 23,8 Prozent bzw. 3.886 Verstößen. Gleichwohl gab es weniger Unfälle, bei denen Drogen die Ursache waren. Insgesamt 486 Unfälle zählte die Polizei – ein Minus von 20 Unfällen. Im Vergleich zu 2018 sind es sogar 90 Unfälle weniger. „Das Minus bei den Unfällen parallel zum Plus bei den Drogenverstößen führen wir auch auf den erhöhten Kontrolldruck durch die Polizei zurück. So hat die Polizei unter anderem mehr gezielte Drogenkontrollen durchgeführt“, so Reul und nannte als Beispiel eine Drogenkontrolle im Kreis Steinfurt. Von 29 entnommenen Blutproben enthielten 21 THC, fünf Kokain, drei Amphetamin und eine Probe Alkohol. Vor diesem Hintergrund erneuerte Reul sein Nein zu einer Cannabis-Legalisierung: „Ich wünschte, man würde in der Debatte hin und wieder den Verkehr mitdenken“, so der Innenminister. „Kommt die Legalisierung, wird es mehr Unfalltote geben.“

2021 zählte die Polizei 2.037 illegale Autorennen; ein Drittel mehr als 2020 (+ 34,5 Prozent). Auch die Unfallzahlen sind hochgegangen: 2021 gab es 384 Unfälle wegen eines Autorennens, 119 mehr als im Jahr zuvor. Die Schwerpunkte der Raser-Szene sind nach wie vor die Städte Dortmund, Düsseldorf und Essen, die typischen Täter sind Männer zwischen 17 und 26 Jahren. „Die Polizei wird Raser weiter ohne Wenn und Aber bekämpfen“, sagte Reul. „Ich sage das ganz deutlich: Die Straße ist keine Rennstrecke und wer meint, da Rennen abzuhalten, den ziehen wir raus, das ist kein Spaß, sondern brutalste Verantwortungslosigkeit.“

Bei den verunglückten Pedelec-Fahrern setzt sich der negative Trend aus dem vergangenen Jahr fort. Insgesamt verunglückten 4.758 Menschen mit einem Pedelec (+ 22,1 Prozent). Das sind mehr als dreimal so viele wie 2015 und doppelt so viele wie 2016. 32 Menschen starben bei einem Pedelec-Unfall, zwei mehr als im Vorjahr. Von diesen 32 Toten waren 24 über 65 Jahre. Gemessen am Bevölkerungsanteil ist das überproportional. Reul: „Wir haben sowohl ein generelles Pedelec-Problem, als auch ein besonders tödliches Pedelec-Problem bei älteren Menschen. Ich kann hier nur meinen Appell vom letzten Jahr wiederholen: Machen Sie bitte ein Fahrtraining!“ so Reul und wies daraufhin, dass mehr als die Hälfte der nordrhein-westfälischen Kreispolizeibehörden Präventionsmaßnahmen für Pedelec-Fahrer anböten; Tendenz steigend.

Auch bei den Unfällen mit E-Scootern gibt es einen erneuten Anstieg. 2021 zählte die Polizei 1.101 E-Scooter-Unfälle, keiner endete tödlich. Das sind 713 Unfälle mehr als 2020 (+ 183,8 Prozent). 967 Menschen verletzten sich bei einem E-Scooter-Unfall, fast drei Mal so viele wie im Jahr zuvor. In jedem fünften Fall war Alkohol die Hauptunfallursache. Laut einer Studie der Universitätsklinik Essen verunglückten alle betrunkenen Fahrer am Wochenende oder an Feiertagen. Die meisten Verunglückten waren zwischen 16 und 28 Jahren alt. Reul: „Auf gut Deutsch: ein junges Problem, bei dem viel Leichtsinn im Spiel ist und das um ein Leichtes zu verhindern ist.“

Ob Drogenfahrten, illegale Autorennen, Pedelec- oder E-Scooter-Fahrer: „Wir sehen, dass der Verkehr verantwortungsloser wird“, sagte Reul. „Würde es eine Statistik zu Verantwortungslosigkeit im Straßenverkehr geben, dann würde dieser Pfeil steil nach oben zeigen. Meine Botschaft lautet daher: Die Straße ist kein Trainingsparcours, keine Rennstrecke und erst recht kein Coffee Shop.“

Um diesen Unfällen vorzubeugen, hat die nordrhein-westfälische Polizei im letzten Jahr viel gemacht: Sei es repressiv mit mehr Drogen-Kontrollen oder verstärkten Einsätzen gegen die Raser-Szene. „Aber auch präventiv haben wir ordentlich investiert“, so Reul. So hat die nordrhein-westfälische Polizei Ende vergangenen Jahres 14 Simulatoren angeschafft. Darunter vier Ablenkungssimulatoren für die Kreispolizeibehörden Coesfeld, Düren, Paderborn und den Märkischen Kreis sowie zwei E-Scooter-Simulatoren für die Polizeipräsidien Düsseldorf und Köln. Acht Pedelec-Simulatoren wurden in Gütersloh, Kleve, Steinfurt, dem Rhein-Erft-Kreis, Bonn, Köln, Münster und Borken angeschafft. Gesamtkosten: rund 170.000 Euro. „Mit den Simulatoren werden unsere Verkehrssicherheitsberater ab April auf die jeweilige Zielgruppe zugehen. Mit den E-Scooter-Simulatoren wird die Polizei dann zum Beispiel in Schulen und Fußgängerzonen sein. Sollten sich die Simulatoren in den kommenden Monaten bewähren, bauen wir das Angebot weiter aus“, so der Minister.