SICHERHEIT
FÜR NORDRHEIN-WESTFALEN

Türkische Hizbullah (TH)

Sitz/Verbreitung

Türkei

Gründung/Bestehen

1979 in Diyarbakir

Veröffentlichungen

Publikationen: İnzâr Dergisi (Warnung), Doğru Haber (Richtige Nachricht), mehrere Web-Angebote

Kurzportrait/Ziele

Anfang der 1980er Jahre bildeten sich unter sunnitischen Kurden in der Türkei Gruppierungen heraus, die für die Errichtung einer auf strikter Befolgung von Koran und Scharia gegründeten „islamischen Herrschaft“ eintraten und sich gegen den säkularen türkischen Staat wandten. Aus einer dieser Gruppierungen entwickelte sich die Hizbullah (Partei Gottes), die vor allem seit Beginn der 1990er Jahre zur Erreichung ihrer politischen Ziele gegen interne Abweichler, gegen die kurdische Separatistenorganisation Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), gegen liberale Journalisten und gegen Vertreter des türkischen Staates Gewalt anwendete. Im Januar 2000 wurde Hüseyin Velioğlu, der Anführer der sogenannten Türkischen Hizbullah, in Istanbul bei einem Schusswechsel mit der Polizei getötet. Dieser Vorfall und weitere Exekutivmaßnahmen der türkischen Strafverfolgungsbehörden, bei denen mehrere Funktionäre der Organisation und zahlreiche Mitglieder festgenommen und inhaftiert wurden, führten zu einer empfindlichen Schwächung der Hizbullah. Zugleich wurde aus Papieren und Videoaufzeichnungen, die in ihren Archiven gefunden wurden, deutlich, in welch großem Ausmaß die Organisation Entführungen, Morde und andere Gewalttaten verübt hatte.

Zahlreiche Aktivisten der TH setzten sich daraufhin nach Europa und insbesondere nach Deutschland ab.

Finanzierung

Spenden

Grund der Beobachtung/Verfassungsfeindlichkeit

In der 2004 erschienenen Schrift Kendi Dilinden Hizbullah stellt ihr Verfasser, ein Funktionär der Türkischen Hizbullah, die Verbrechen der Organisation als Akt der Selbstverteidigung dar. Der Autor beschreibt zwei Entwicklungsphasen: Die erste Phase habe von 1979 bis 1991 gedauert. Es stand die Propagandatätigkeit, Anhängergewinnung, Strukturierung und Schulung im Vordergrund. Eine zweite Phase folgte von 1991 bis 2000. Sie zeichnete sich durch den bewaffneten Kampf gegen die PKK, interne Abweichler und den türkischen Staat aus.

In ihrer Zielsetzung verbindet die Türkische Hizbullah eine islamistische mit einer kurdisch-nationalen Agenda. Im ideologischen Hauptwerk Kendi dilinden Hizbullah sind die Grundprinzipien der TH dargelegt. Die Türkische Hizbullah sieht die Uneinigkeit der islamischen Welt und die Herrschaft nicht-islamischer Regime als Ursache aller Probleme an. Ihr erklärtes Ziel ist, dies zu ändern und den Islam zur Herrschaft zu bringen. Zu ihren Feindbildern gehören neben den internen Abweichlern, der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Republik Türkei auch die „imperialistischen" und „zionistischen Mächte", also die westliche Staatengemeinschaft und Israel. Sie werden für die Unterdrückung der Muslime verantwortlich gemacht. Hauptziel der TH ist die Beseitigung des laizistischen Staatssystems in der Türkei und langfristig die Errichtung eines islamistischen Regimes.

Im Januar 2012 veröffentlichten TH-nahe Internetseiten ein Manifest, das die Gruppe auf eine neue ideologische Grundlage stellte. Darin wird unter anderem klargestellt, dass man die anvisierten Ziele nur noch gewaltfrei und auf legalem Wege erreichen wolle. Eine „Schädigung der Muslime“ oder die Besetzung „islamischen Bodens“ wolle man jedoch nicht hinnehmen und werde in solchen Fällen vom legitimen Recht der Selbstverteidigung Gebrauch machen. Das Manifest kann somit als offizielle Abkehr von den gewaltsamen Aktivitäten der 1990er-Jahre gedeutet werden und belegt insofern einen faktisch bereits lange vorher vollzogenen Strategiewandel. Mit dem Hinweis auf „legitime Selbstverteidigung“ lässt man sich jedoch eine Hintertür offen.

Zugleich wird aber auch sehr deutlich, dass mit dem Manifest keine Abkehr von der extremistischen Zielsetzung einhergeht. Zentrales Ziel der TH bleibt nach wie vor eine islamische Herrschaftsordnung, weshalb auch jene Regierungen, die dem Islam nicht im – aus Sicht der TH – gebotenen Umfang Geltung verschaffen, als unislamisch bezeichnet werden.